Donnerstag, 20. November 2014

Nordostpassage Teil 4

- von den Bolschewik Inseln nach Murmansk

Northern Sea Route vs Southern Sea Route - Quelle Wikipedia


Jede Reise ist eine Bereicherung des Lebens, sie erweitert den Horizont.
© Constanze Hoffmann (Zitate.de)



Die Vega auf einem Gemälde von Jacob Hägg
Zitat: Mit 15 Jahren erlebte Sven Hedin die triumphale Rückkehr des schwedischen Polarforschers Adolf Erik Nordenskiöld mit der Vega nach der erstmaligen Befahrung der Nordostpassage. Er beschreibt das in seinem Buch Mein Leben als Entdecker folgendermaßen:

Am 24. April 1880 lief die Vega in Stockholms Ström ein. Die ganze Stadt war illuminiert. Die Häuser rings um den Hafen flammten im Schein unzähliger Lampen und Fackeln. Auf dem Schloss leuchtete in Gasflammen das Sternbild der Vega. Mitten in diesem Lichtermeer glitt das berühmte Schiff in den Hafen. Mit meinen Eltern und Geschwistern stand ich auf den Bergen von Södermalm, von wo wir eine beherrschende Aussicht hatten. Größte Spannung hatte mich erfasst. Mein ganzes Leben lang werde ich an diesen Tag zurückdenken, er wurde entscheidend für meinen künftigen Weg. Von Kais, Straßen, Fenstern und Dächern dröhnte donnernder Jubel. „So will ich einst heimkommen“, dachte ich.

Fr 29.08. Kap Tscheljuskin keine Chance, Bolschewik Insel 15.20 – 19.00 h (Anker)
Die teils stark vergletscherte arktische Inselgruppe Sewernaja Semlja, die Russland bzw. Sibirien und damit der nördlichen Festlandmasse von Asien vorgelagert ist, befindet sich etwas nördlich der Taimyrhalbinsel bzw. jenseits der Wilkizkistraße im Arktischen Ozean. Südöstlich der Inselgruppe liegen die Neusibirischen Inseln, westlich die Inselgruppe Franz-Josef-Land und südwestlich die große Doppelinsel Nowaja Semlja [Quelle Wikipedia].

07:45 h wir stecken im Eis fest, Position 77°56.330’N 104°51.740’O. 7:50 h Durchsage von der Brücke: Plan B tritt in Aktion, der Agent hat telefoniert, die Station ist besetzt. Die Station ist 15 sm entfernt, dickes Eis verhindert unser Erreichen des Kap Tscheljuskins. Auf den Eisschollen sehen wir immer wieder Robben liegen. Aber auch Plan B scheitert später, weil die geplante Station von einem Eisbären in 100 m Entfernung "bewacht" wird. So wird eine dicke Eisscholle gesucht, auf die jeder, wer mag seinen Fuß für hinaufsetzen kann. Unser Schiff driftete in dieser Zeit mit der Eis Drift 5 sm mit 1 Knoten Geschwindigkeit, die Wassertiefe unter der Scholle betrug 215 m. Wegen des Eises sind wir nur wenig im Programmablauf in der Zeit zurück. Am Nachmittag ankern wir vor der Bolschewik Insel / Sewernaja Semlja in der Solnetschnaja Bucht – genannt die Sonnenbucht. Wetterdaten 06.00 h: 0°, 0°, 1023 hPa, 88%, NO3, bedeckt, SA 03:15 h, SU 22:42 h. 

Hanse in der Akhamatova Bucht
Sa 30.08. Bolschewik Insel – Fahrt in die Akhmatova Bucht 10 -12.30h (Anker) und Mikoyan Bucht
Wir fahren in den Akhamatova Fjord hinein und können beobachten, wie sich durch die Kälte Eis auf dem Wasser bildet. Es erinnert mich ein wenig an einen Flickenteppich, ein wunderschöner Nebelbogen rahmt das Geschehen ein. Um 8.00 h Info vom Kapitän, daß er nah an der Küste vorbeifahren wird, damit wir die schöne Landschaft geniessen können. Die Berge spiegeln sich im ruhigen Wasser. Immer wieder stecken neugierige Bartrobben ihre Köpfchen aus dem Wasser. Um 9.00 h Durchsage von der Brücke: Seit der Solnetschnaja Bucht haben wir 130 sm hinter uns gebracht. 0°, 0,5°, Nebelbildung bei 78% Luftfeuchtigkeit. Um 10.00 h fällt der Anker auf folgender Position: 78°53.090’N 102°40.330’O. Um 12.30 h verlassen wir die Bucht Kurs auf die Mikoyan Bucht, den Ankerplatz erreichen wir recht spät, so daß unsere Gruppe erst um 18.00 h auf die Zodiacausfahrt zwischen den gigantischen Eisbergen geht. Diese Eisgiganten stammen von den Eiskappen der Sewernaja Semlja. Am Abend findet ein klassisches Konzert statt. SA 02:58 h, SU 23:18 h.   

Tolle Spiegelungen in der Akhamatova Bucht 


So 31.08. Expeditionstag – südlicher Zipfel der Komsomolez Insel 8-10 h (Anker), am Artic Kap keine Anlandung
Um 8.00 h erreichen wir den südlichen Zipfel der Komsomolez Insel. Hier haben wir eine Anlandung in einer kleinen Bucht, die zur Krenkel-Bucht gehört, benannt nach Ernst Theodorowitsch Krenkel (1903–1971), einem sowjetischen Polarforscher und Funker. Der Kapitän meldet sich um 10.05 h von der Brücke: Wir nehmen Kurs Nord an der Ostküste zum Arctic Cape, Distanz 81 sm dazu benötigen wir 6 Stunden. Um 15.00 h haben wir Recap. Hajo erklärt, daß wir unser Ziel in einer Stunde erreichen werden. Kapitän meldet sich ebenfalls zu Wort. Da wir seit Tagen kein Signal haben, geht es um die Kommunikation, man bedenke, vor 20 Jahren gab es nur Funkverkehr und Norddeichradio. Wir werden wegen der Erdkrümmung erst in der Karasee auf dem Weg nach Westen nach der Umrundung wieder Satellitenempfang haben. Wahrscheinlich haben wir noch 3-4 Tage kein Signal. Ich hätte nicht gedacht, daß mir das so wenig ausmacht. Christine mit Destinationen und großen Namen, nach denen sie benannt wurden: Kap Tscheljuskin, nördlichste kontinentale Festlandstelle der Erde nach Semjon Iwanowitsch Tscheljuskin (ca. 1700; † ca. 1764), dem russischen Polarforscher, Wilkizki-Insel nach Boris Andrejewitsch Wilkizki (1885–1961), die Uschakow-Insel, die zu Russland gehörende, 328 km² große, isolierte Insel im Nordpolarmeer nach Georgi Alexejewitsch Uschakow (1901–1963), russischer Geograph, Solnetschnaja die Sonnenbucht, Achmatowa Bucht nach der russischen Dichter in und Schriftsteller in Anna Andrejewna Achmatowa (1889–1966), Mikojan Bucht nach Anastas Iwanowitsch Mikojan [Daten sind von Wikipedia]. 

Sylvia gibt uns Informationen über die Rosenmöwe, die kleinste Möwe überhaupt sowie über die Elfenbeinmöwe. Steffen zeigt uns Gletscherkarten von 1980 und 2008 im Vergleich. Wir erfahren, daß die Laptewsee 1° kälter ist als die Karasee. Hajo stellt uns die Route der nächsten Tage vor. Um 16.30 h ertönt die Durchsage, daß ein 50-150m breiter Eisgürtel uns den Weg versperrt. Brigitte Fugger hält ein Vortrag über Walrösser, ich wusste, daß sie mit ihren Stoßzähnen Muscheln vom Meeresgrund ausbuddeln. Bin aber ziemlich erschrocken, als ich höre, daß sie auch kleinere Robben fressen. Um 18.30 h meldet sich Hajo von der Brücke: Wir sehen eine mehrere Meter hohe Eiskante. Die Fässer, die im Wasser treiben, stammen von der starken Erosion dieser Kante. Der nördlichste Punkt Eurasiens 81°17’N trennt die Laptewsee von der Karasee, dort sehen wir einen Hubschrauberlandeplatz und eine Hütte. Um 18.55 h ertönt Kapitän Natkes Stimme durch die Lautsprecher: Das Arctic Cape der nördlichste Punkt liegt nördlicher als Spitzbergen und Franz Josef Land. Wir nehmen jetzt NW Kurs, haben westliche Winde und 68 sm Restdistanz zum nächsten Ziel. Wetterdaten 6.00 h: 1°, 1°, 1010 hPa, 85%, S4, bedeckt, SA 02:30 h, SU 00:30 h. 

Mo 01.09. Zhuravlov Bucht (Kranich Bucht), Schmidt-Insel
8.00 h Durchsage Matthias: Wir haben in der Zhuravlov Bucht auf der Westseite geankert, haben 1° und Nebel, unser Scoutboot erkundet die Lage. Position: 80°44.03’N 93°17,53’O, wir sehen einen Eisbären in der Sonne am Strand. Um 8:50 h erfahren wir, daß wir einen langen Zodiacweg an Land haben. Als wir vom Frühstück herunterkommen, sehen wir schon die ersten Gäste am Sidegate stehen, obwohl wir noch nicht aufgerufen worden sind. Als es dann losgeht, haben wir starken Schwell beim ausbooten und der Bär marschiert fröhlich in unsere Richtung. Ich finde einen schönen Stein, den ich mit der Anzeigetafel fotografiere.  

Wir wandern durch die Bucht und geniessen den tollen Blick auf den Gletscher, den letzten auf dieser Reise. Er reicht von West nach Ost, seine Kappe hat eine Dicke von mehr als 300m. Um 11.15 h ertönt die Stimme des Kapitäns durch den Lautsprecher: Kurs auf die Schmidt-Insel in 48 sm, wir nehmen nördlichen Kurs wegen Wartungsarbeiten mit nur einer Maschine.
Die etwa 467 km² große Insel befindet sich im Nordwesten des Archipels. Sie ist fast vollständig von Eis bedeckt und nach dem russischen Wissenschaftler Otto Juljewitsch Schmidt benannt.
Etwas später sehen wir Walrösser im Wasser. Gegen 16.00 h ankern wir vor der Schmidtinsel, mit den Zodiacs landen wir an. Am Strand bewegt sich ein großer Eisbär auf unsere Landestelle zu. Neben dem Eisbären können wir auch Elfenbeinmöwen beobachten. Der Bär wird durch eine Mahlzeit von uns abgelenkt. Um 19.00 h nehmen wir Kurs auf Ostrow (russisch Insel) Wiese in 180 sm, eine kleine Insel in der Karasee. Mit dem SW Kurs werden wir sie gegen 08.00 h erreichen, normalerweise liegt sie unter Eis, aber das Eis hat sich zurückgezogen. 

Die 02.09. Vise (Wiese) Insel, Kurs auf Nowaja Semlja
Die Wiese-Insel (russisch Остров Визе / Ostrow Wise; auch Земля Визе/ Semlja Wise, auf englischsprachigen Karten Vize Island) ist eine im Nordpolarmeer am nördlichen Ende der Karasee isoliert gelegene, 288 km² große russische Insel. Der Ozeanologe Professor Wladimir Wiese entdeckte die Lage der Insel vom Schreibtisch aus, indem er die Strömung untersuchte und den Weg des Schoners St. Anna der Polarexpedition Georgi Brussilows im driftenden Eis berechnete [Quelle Wikipedia].

Um 9:00 h Durchsage von Kapitän Natke: 5 Stunden Differenz zu Deutschland, Position 79°25’N 75°30’O, auf Backbord liegt die Vize- Insel in 10 sm, unser 140°, nähern uns von Westen an die Insel. Noch 12 sm bis zum Ankerplatz vor der Polarstation, den wir gegen 10.00 h erreichen werden, um dort eventuelle eine Anlandung zu versuchen. 13 Knoten, 40 m Tiefe, seit der Schmidt-Insel 210 sm, bedeckt, 1°, 0°, O6, 1008 hPa sinkend, Wellenhöhe 1,5 m. Mit dem Scoutboot wird die Lage nach der Ankunft gecheckt. Es herrscht starker Schwell und nach dem Kontakt mit den 6 Wissenschaftlern aus Petersburg, erfahren wir später, daß wir schon das 6. Boot sind, das wegen des Schwells nicht an landen kann. Als das Scoutboot zurückkommt, sind alle Insassen pitschnass. Um 11.30 h hält Brigitte Fugger einen Vortrag über die "Eisigen Welten im Vergleich". Wir nehmen Kurs auf Nowaja Semlja – Entfernung 184 sm. 
Als Willem Barents 1596 auf der Suche nach einer Nordostpassage Nowaja Semlja umrundete, blieb sein Schiff im Packeis stecken, und die Mannschaft musste hier überwintern. Die leicht sichelförmige Doppelinsel ist die östliche Begrenzung der Barentssee und die westliche der Karasee [Quelle Wikipedia]. 
Das Bayrische Buffet wird vorverlegt und am Nachmittag berichtet Franz Gingele über "Gletscher und Eiskappen". Es geht Schlag auf Schlag mit dem Programm. Heute werden wieder die Vielfahrer der Hanse geehrt. Am Kapitänstisch herrscht eine gute Stimmung, es geht um Perücken und andere Fauxpas. Am Abend liest Christine in der Explorer "Gedichte in Prosa" von Ivan Turgenev

Mi 03.09. Kap Zhelanja / Vogelfelsen / Grabstelle Barents
Um 8.10 h erreichen wir die Station, an der wir die zwei Ranger aufnehmen sollen, dort herrscht Bärenalarm. Wir sind außer uns und zählen 8 Bären, auf manchen Touren mit der Hanse haben wir sonst nicht einmal einen gesehen. Laut der Ranger halten sich hier stets 15 Bären auf. Mit Quads werden die Bären vom Strand vertrieben, damit die Ranger ins Zodiac steigen können. Natürlich können wir wegen der Bärendichte dort nicht an landen. Als Plan B steuern wir eine vorgelagerte Insel mit einem Vogelfelsen an. Als wir dort ankommen sehen wir schon die starke Brandung. Schwell und Riffe verhindern, daß die Hanse näher heranfahren kann. Das Scoutboot fährt hinüber und wieder macht uns der Schwell einen Strich durch die Rechnung. Um 11.45 h stellen sich die beiden Ranger in der Lounge vor. Ivan und Igor erzählen von ihrer Tätigkeit am Kap und daß der Russian Arctic Nationalparks bereits seit 2010 besteht. Unser Expeditionsleiter Hajo war vor zwei Jahren mit dem Schwesterschiff Bremen hier und sagt, daß sich seitdem optisch in der Region viel getan hat. Auf unsere Frage wie man mit den Bären umgeht, sagen die Ranger, man zeigt ihnen ein Stöckchen und sagt ein paar nette Worte. Ach, so einfach! Es handelt sich hauptsächlich um Muttertiere mit ihren Jungen. Sie zeigen uns eine Karte mit den Nationalparks mit seinen Gletschern und 90 Monumenten. Ihre Saison geht von Juni bis Oktober, in 4-5 Jahren rechnen sie damit, daß die Station ganzjährig geöffnet sein wird. Von 14.00 – 23.00 h liegen wir in der Barents Bucht, in der das Gedenkkreuz von Barents steht. Der Kapitän meldet sich um 17.30 h zu Wort: 23.00 h nehmen wir Anker auf, für die 75 sm benötigen wir 10 Knoten, damit wir um 07.30 h dort sind. 

Gedenkkreuz und Reste des Winterhauses von Willem Barents auf Nowaja Semlja
Um 18.30 h findet wieder ein Precap/Recap statt. Christine mit Namen und Namensgebern: Die Barents-Bucht erhielt ihren Namen nach Willem Barents - dem niederländischer Seefahrer und Entdecker, die Schmidt-Insel nach  Otto Juljewitsch Schmidt - dem russischen Wissenschaftler, die Wiese-Insel nach dem russisch-sowjetischer Ozeanographen, Geographen, Meteorologen und Polarforscher deutscher Abstammung Wladimir Juljewitsch Wiese.
Sylvia erzählt über das Gesetz zum Schutze der Eisbären und darüber, daß einige Inuit ihre Lizenzen leider an reiche Jäger verkaufen. Ich habe einmal ein paar Links dazu herausgesucht:
Hajos Thema sind die nächsten Ziele: Kap Konstantia geht nicht, es ist militärisches Sperrgebiet, alles rot gekennzeichnet. Heute haben wir die Ranger abgeholt am Kap Zhelanja für das Naturschutzgebiet. Die nächsten Destinationen sind die Kreuz – und die Oranskie-Insel, dort finden evtl. Zodiactouren statt und sind Walrösser und Vögel zu sehen. Wie es dann weitergeht, müssen wir wieder erst abchecken. Zum Schluss nehmen wir dann Kurs auf Murmansk, haben noch zwei Seetage bevor es nach Bodø geht. Um 23.00 h nehmen wir Kurs auf die Oranskie Insel in 75 sm. SA 4:44 h, SU 22:00 h.  



Do 04.09. Oranskie Inseln / Inostransteva Bucht
Gegen 8.00 h erreichen wir die Insel und umrunden sie. Wir nehmen gegen 09.00 h Kurs auf Kap Zhelanja, um dort die Ranger wieder abzugeben. Die Bären warten schon, sind aber wegen des dichten Nebels schwer auszumachen. Natalya hält um 10.00 h einen Vortrag über ihre Tätigkeit als stellvertretende Direktorin des Nationalparks Beringia (Website). Nach dem technischen Stopp nehmen wir Kurs auf die Inostransteva Bucht, die wir gegen 15.00 h erreichen. Der anfängliche Nebel lichtet sich und wir können eine Zodiac – Cruise zwischen den Eisbergen machen. Die Ranger hatten uns dafür kurz vor ihrem Ausstieg die Erlaubnis erteilt, immerhin befinden wir uns in einem Naturschutzgebiet. Um 18.10 h Durchsage des Kapitäns: Bye, bye eisige Welten, noch 2 Seetage dann erreichen wir Murmansk. Bei unserem heutigen Recap sehen wir Filme von Eisbären in Churchill, die mit Schlittenhunden kuscheln, die Brigitte zusammengestellt. Steffen erzählt vom Kap der Wünsche, von Radioaktivität, spontanem Kernzerfall und Radionuklid Batterien, die auch in der Raumfahrt benutzt werden. Thema von Franz sind Fossilien von Korallen entstanden durch die Knautschzone des sibirischen und baltischen Schildes. Mit dem Alter von ca. 450 Mio. Jahren, er zeigt tolle Bilder von Riffen, Würmern, Kalkröhren, Polypen. Am Kreuz von Barents fand er Armfüsser und Lampenmuscheln. Das Motto des Abendessens – das Adolf Nordenskiöld Abendessen wird serviert. Am Abend findet eine Crew Show statt, es ist erst das zweite Mal, daß eine vorgeführt wird. Wetterdaten 06.00 h: 1,5°, 2°, 1010 hPa, 95%, NW 6-7, bedeckt, SA 03:52 h, SU 20:15 h, die Uhren 1  Stunde zurückstellen. 


Crewshow in der Explorer Lounge by Page Chichester

Fr 05.09. Fahrt durch die Barentssee
09.00 h Durchsage des Kapitäns: Wir haben 3 Stunden Unterschied zu D, Position 74°59’N 53°48’O, fahren Kurs 227° parallel zur Küste im Abstand von 20 sm. Wir werden Murmansk in 530 sm am 07.09. um 06.00 h erreichen. Seit der letzten Destination haben wir 245 sm hinter uns gebracht. 13 Knoten, 250 m Tiefe, 3°,4°, 1008 hPa, NO4, 1,5 – 2 m Welle. Um 10.00 h hält Sylvia den Vortrag "Wale – sanfte Riesen der Meere". Um 11.30 h ist Expertensprechzeit in der Observation Lounge. Ich gehe mit Steffen Graupner meinen neuen Blogeintrag "Olga und die Schneegänse" durch. Nochmals ein Dankeschön an Steffen und Olga für das Fotomaterial! Bei der kulinarischen Weltreise im Marco Polo Restaurant stärke ich mich danach wieder. Um 13.15 h sehen wir einige Delfine, Zwerg – und Buckelwale. Franz erzählt in seinem Vortrag um 16.45 h über die "Arktis – alte, junge Landschaft". Heute ist das Motto des Recaps das persönliche Highlight. Beim Recap vor Abendessen zeigt uns Kapitän Natke die Eiskarten (Uni Bremen) vom 16.08. im Vergleich zum 03.09. Keine 10/10 Eisbedeckung mehr, er spricht über die Routen und die alternative Routen. Auf der alten Karte wäre unsere höchste Position "nur" 84° gewesen. Spitzbergen und Franz Josef Land sind allerdings immer noch mit braun-orange gekennzeichnet. Die dunkelgrüne Markierung ist für uns ein "No Go". Die Polarstern fuhr uns fast entgegen. Über die Gletscherfront sagt er, daß sie um 1 sm (fast 2000 m) von 1997-2014 zurückgegangen ist. Für Christine ist es die Durchfahrt der NOP auf den Spuren der Entdecker und der bewegende Moment an Barents Kreuz zu stehen. Sylvia zeigt Barten eines Wales und eine Zahn-Replik eines Pottwales. Ihre Highlights waren die Wrangelinsel mit den über 400 Arten von Blumen, der Woolibär, der sich an den Weiden gütlich tat und auch Barents Kreuz. Brigitte spricht über den Blick in ihre Seele, lässt die Reise Revue passieren anhand schöner Fotos, unter anderem über Litke Harbour, das lustige Foto der Ziesel mit dem Halm. Hajo spricht von der Vielschichtigkeit der Arktis und zeigt ein Foto eines Bären, der gerade sein Geschäft verrichtet. Franz faszinierte der Mammutzahn, das Alte zu Berühren. Steffens schönste Ferienerlebnisse waren die Menschen wie Natalya, Svetlana, Lorino mit der Übergabe der Fotobücher, Olga und die 50.000 Schneegänse, Oma Olja und die Ranger Igor und Ivan. Abschließend bemerkt er, daß die große Politik uns trennt, aber Kommunikation uns verbindet. Wir stellen die Uhren wieder eine Stunde vor, SA 05:27 h, SU 21:38 h.

Sa 06.09. Seetag
Auch heute startet der Tag mit der Kapitänsdurchsage: 2 Stunden Unterschied zu D, 71°25’N 40°30’O, Breite vom Nordkapp, Kurs 228°, SW Kurs zum Hafen von Murmansk. Um 04.00 h nehmen wir den Lotsen auf und haben dann noch 20 sm bis zur Pier, die wir um 06.00 h erreichen. 12 Knoten, 370 m Tiefe unter dem Kiel, 2/3 der Distanz, 550 sm, Restdistanz bis Murmansk noch 220 sm. Wetterdaten: 6°, 7°, 1016 hPa, steigend, bedeckt, N4-5 Schiebewind, Wellenhöhe 1,5 – 2 m. Um 10.00 h berichtet Sylvia über den „Kabeljau – ein Fisch, der die Welt verändert hat“. Ab 11.30 h ist wieder Expertensprechzeit, ich nutze den Tag zum Schreiben und Fotobearbeitung. Um 16.45 h hält Brigitte einen Vortrag über „Quallen“. Heute ist für uns „Schonabend“, da wir morgen zwei Ausflüge haben.   

 
So 07.09. Murmansk / Ende der Nordostpassage
Murmansk (russisch Му́рманск, kildinsamisch Мурман ланнҍ/Murman lann, finnisch Muurmanni) ist eine nördlich des Polarkreises gelegene Hafenstadt auf der russischen Halbinsel Kola. Sie hat 307.257 Einwohner (Stand 14. Oktober 2010). Ausläufer des Golfstroms sichern der Stadt einen auch im Winter eisfreien Hafen, der bis 1991 militärisches Sperrgebiet war. Noch heute ist Murmansk Hauptstützpunkt der russischen Nordflotte. [Quelle Wikipedia]. 

Gegen 06.00 h erreichen wir die Pier von Murmansk. Den Wecker haben wir gestellt, da es schon um 08.00 h auf unseren ersten Ausflug geht. Matthias gibt um 7.00 h die wichtigsten Infos und die morgendliche Temperatur durch, wir haben angenehme 7°. Die Einklarierung geht zügig und ohne Komplikationen. Zu den relativ neuen Bussen müssen wir uns um streunende Hunde kämpfen. Einer ist ganz niedlich, er hofft, daß unsere Deck Boys mit ihm spielen. Aber sie bauen eigentlich nur eine provisorische Rampe über die Bahngleise an der Pier. Als erstes fahren wir zum Landeskundlichen Museum vorbei den dem blauen Bahnhof und dem Arktik Hotel, wir fahren immer wieder durch dieselben Straßen unter anderem dem Lenin-Prospekt, die Hauptstraße von Murmansk. Sie soll besonders schön sein, wenn der aus Belgien stammende Flieder hier blüht. 

Am Alyosha-Denkmal (wikitravel.org engl.) können wir die Stadt im Dunst und den Hafen sehen. Es steht nördlich des Zentrums auf einem Hügel in der Nähe Sees Semyonovskaya. Offiziell genannt - Verteidiger der sowjetischen Arktis, aber allen unter Aljoscha bekannt. Diese 30 Meter hohe Statue eines Soldaten mit Blick auf die Stadt und wurde 1974 erbaut, um die Sowjet Verteidigung der Arktis während des Zweiten Weltkriegs zu gedenken. Es ist Brauch der Hochzeitsgesellschaften, die Statue zu besuchen und eine Flasche Champagner am Fuße der Statue zu trinken. Zurück an Bord haben wir ein frühes Mittagessen, weil es für viele auf den zweiten Ausflug geht. Es gibt für uns einige Wiederholungen vom Ausflug am Vormittag bei der Fahrt zum Museum der Murmansker Seereederei, engl. Joint Stock Company "Murmansk Shipping Company", kurz - JSC "MSCO"). Ein Eisbär schmückt das Logo dieser Reederei, hier geht es zur Website. In dem Museum befinden sich sehr schöne Stücke. Unser Highlight des Ausfluges am Nachmittag ist aber der Besuch auf dem Eisbrecher Lenin.

Der Atomeisbrecher Lenin (russisch Ленин) ist der erste Atomeisbrecher der Welt, benannt nach Lenin, einem der Gründer der UdSSR. Der Stapellauf der Lenin erfolgte am 5. Dezember 1957, Ende 1959 wurde das Schiff in Dienst gestellt. Es wurde mit drei Kernreaktoren ausgerüstet, die über vier Dampfturbinen, Generatoren und Elektromotoren die drei Propeller antreiben. Ich bin beeindruckt von den Dimensionen der Lenin. Auf dem geführten Rundgang besichtigen wir den Maschinenraum, die Brücke, einige Kabinen und den Maschinenkontrollraum. 
Man kann sogar durch kleine Fenster in den Rektor sehen und auf dem Flur davor steht außerdem ein Modell des Reaktors. Nach der Ausklarierung durch die Behörden verlassen wir um 17.00 h den Hafen von Murmansk vorbei an der imposanten Atomeisbrecher- Flotte, die dort liegt. Von der Brücke wird die Ausfahrt kommentiert. Am Abend feiern wir die erfolgreiche Durchquerung der Nordostpassage als erstes westliches Kreuzfahrtschiff auf dem Pooldeck.  

Hier endet der Bericht aber nicht die Reise, die nachfolgenden drei Reisetage von Hammerfest nach Bodø fasse ich mit der Kurzreise Bodø nach Hamburg zusammen. Aus dem Passagen Blog "Die stillen Stars der Nordostpassage" von der Hapag Lloyd stammt folgender Text:

Schon seit Jahren, so der Kapitän, sei die Nordostpassage ein Thema für die Expeditionsschiffe von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, quasi seit der ersten erfolgreichen Durchfahrung der Nordwestpassage fragte man sich, ob man nicht auch den anderen großen Seeweg angehen solle. Doch erst vor drei Jahren fiel die Entscheidung, den Versuch wirklich zu wagen. Warum es so lange gedauert hat? Der Aufwand ist ungleich größer, schon allein wegen der Sprache. Englisch könne jeder, das mache es leichter mit den Behörden Kanadas zu kommunizieren. Für die Nordostpassage musste alles ins Russische übersetzt werden. Zudem liegen weniger Informationen über das Seegebiet vor. Natke hat die Pilotbooks durchgearbeitet, in denen die Gewässer, Anlandungsmöglichkeiten und wenigen Häfen beschrieben werden, er hat Berichte und Blogs im Internet studiert. Etwa 720 Seekarten haben er und seine Nautiker gekauft, rund 200 haben sie dann tatsächlich verwendet. Nur mal zum Vergleich: Für die etwa gleich-weite Reise von Bremerhaven nach New York brauche man etwa 50 Seekarten.
Es ist für einen Kapitän ein großes Privileg, eine solche Reise machen zu dürfen. Und jeder, der bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten das Kommando führt über ein Schiff, wäre gern der erste gewesen auf der Nordostpassage. Thilo Natke ist bereits seit 22 Jahren auf der HANSEATIC und seit 15 Jahren Kapitän des besonderen Expeditionsschiffes. Er ist ein ruhiger, sehr besonnener Mensch, der sich gründlich vorbereitet. Drei Jahre hat er an dieser Fahrt gearbeitet. Nicht durchgängig, Tag für Tag. Aber immer wieder. Und er sagt, dass es für ihn sehr wichtig war, zu wissen, dass er das absolute Vertrauen des Unternehmens hatte. “Noch nie wurde diese Route von einem Schiff befahren. Ich habe immer gesagt, der Weg ist das Ziel, und es kann sein, dass wir umkehren müssen.”

Jetzt liegt die Reise hinter ihm, und er hat einen weiteren Rekord für sein Schiff errungen: So weit nach Norden ist noch kein Kreuzfahrtschiff vorgedrungen. Auf die Frage, was ihn am meisten beeindruckt hat, nennt Kapitän Natke denn auch “Phi Max”, das Erreichen des nördlichsten Punktes bis fast auf 86 Grad nördliche Breite [Textquelle Hapag Lloyd Kreuzfahrten GmbH].

Fazit dieser unglaublichen Reise: Wie lange haben wir auf dieses Ereignis gewartet, die Durchquerung der Nordostpassage und ich war dabei! Nur 4 Wochen hatte ich bis zum nächsten Trip und musste die Eindrücke erst einmal verarbeiten. Danke an Kapitän Natke und seiner Crew für diese unvergesslichen Momente.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag 
© Constanze Hoffmann


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen